Neues von den Jungkritiker_innen

Mittwoch, 8. Januar 2014


Unsere jungen KritikerInnen melden sich wieder zu Wort und berichten von den aktuellen Stücken des Musical-Ensembles. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen!


Honk – Erwachte Kindheitserinnerungen

In den Linzer Kammerspielen wird zurzeit die Altersrate deutlich gesenkt, denn viele Kinder besuchen das Musical HONK!. Unter der musikalischen Leitung von Kai Tietje und Daniel Spaw wird das Märchen Das hässliche Entlein von Hans Christian Andersen wahrlich zum Leben erweckt. Und nicht nur die Bühne, sondern der ganze Zuschauerraum steckte voll Leben und Begeisterung.
Beeindruckend war, dass einige Darsteller/innen bis zu 3 oder 4 Rollen spielten und diese gekonnt voneinander absetzten, sodass man nur bei wirklich genauem Hinschauen erkannte, dass es dieselbe Person war.

Durch die Aufführungsdauer von zweieinhalb Stunden am Abend möchte man meinen, die Kinder werden müde und können die Vorstellung nicht mehr genießen, doch dem war nicht so. Die Kinder verließen den Saal genauso, wie sie ihn betreten hatten: Mit Begeisterung und einem Lächeln auf den Lippen.

Was in einem Familien/Kindermusical natürlich auf keinen Fall fehlen darf, sind Kinder. Zuckersüße Kinderstimmen sorgten dafür, die Inszenierung noch authentischer zu gestalten. Begleitet mit wenigen, aber ausgezeichnet gespielten Instrumenten, eine wahrlich gelungene Aufführung.
Auch ich persönlich musste an einigen Stellen schmunzeln und es wurden Kindheitserinnerungen geweckt. Ein Stück, das ich deshalb nur jedem herzlichst empfehlen kann.
Sandra Ameshofer


The Wiz
Ein schrilles Musical mit Tiefgang


Dass es nirgends so schön wie daheim ist, ist wohl eine der zentralen Botschaften des schon über 100 Jahre alten Kinderbuchs Der Zauberer von Oz, das nun in deutschsprachiger Erstaufführung als Musical The Wiz im Musiktheater aufgeführt wird. Mit knallbunten, witzigen und kuriosen Kostümen (Monika Buttinger), zahlreichen Bühneneffekten und einem sensationellem Bühnenbild (Hans Kudlich) erobert The Wiz sofort die Zuneigung des Publikums.

Stürmisch ging es auf der Bühne zu, als gleich zu Beginn eine einsame Farm im verlassenen Kansas mitsamt einem Mädchen – Dorothy – von einem tosenden Wirbelsturm weggerissen wird und Sekunden später im knallbunten Lande Oz wieder Fuß fasst. Nicht nur für Dorothy, die so plötzlich ganz woanders ist, sondern auch für die witzigen, sensationell gekleideten Wesen ist die Überraschung groß. Mit tollen Choreografien (Kim Duddy) ziehen die Bewohner des mysteriösen Landes Oz die Zuschauer nur so in ihren Bann – ob diese nun in weißen Kostümen auf Einkaufswagen über das Parkett jagen, sich als geflügelte Affen über die Bühne schwingen oder mit langen Vogelmasken im Rhythmus herumflattern, die Zuschauer sind begeistert!

Doch Dorothy lässt sich von diesen seltsamen Wesen nicht so leicht beirren und macht sich nach Rat der guten Hexe des Nordens auf den Weg in die Smaragdstadt, um dort den mächtigen Zauberer von Oz um eine Rückfahrmöglichkeit nach Kansas zu bitten. Ariana Schirasi-Fard meistert ihre Rolle als liebenswerte, besorgte Dorothy ausgezeichnet und schlüpft sofort nicht nur in die Herzen des Publikums, sondern auch in die ihrer drei neuen Gefährten und Freunde: der Vogelscheuche (Rob Pelzer), der das Gehirn und der Verstand fehlt, dem eingerosteten Blechmann (Oliver Liebl), der auf der Suche nach einem Herzen ist und dem pelzigen Löwen (Richard McCowen), der mit seiner Feigheit zu kämpfen hat. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach dem Wiz, um ihn um ein paar Wunder zu bitten. Bei tieferer Betrachtung entpuppen sich diese drei Figuren als die drei Tugenden Weisheit, Güte und Mut – die zu den „universellen“ Werten der Menschheit zählen. Auch wenn alle drei über das Fehlen einer dieser Eigenschaften klagten, hatten sie diese letztendlich doch in sich. Auch Dorothy, die noch auf der Suche einer „Identität“ war, baute diese im Zuge ihrer wundersamen Reise immer mehr auf und wurde nicht nur gewissermaßen im verrückten Oz erwachsen, sondern lernte vor allem, an sich selbst zu glauben. Als einziger Betrüger entpuppte sich nur der von allen bewunderte Wiz (Reinwald Kranner), der auf jeden Fall nicht das war, was er für alle zu sein schien. Auch wenn er zwar keine magischen Zauberkräfte für die vier Freunde darbieten konnte, so hat er ihnen doch zu ihrem Glück verholfen und dem Publikum zu einer großartigen musikalischen Leistung.

Als Dorothy schon daran zweifelt, jemals zu ihrer Familie zurückzukommen, weist sie die gutmütige, mütterliche Hexe Glinda daraufhin, dass sie die Antwort auf ihr Problem bei sich selbst findet und fragt sie, ob sie denn nie mit ihren Füßen oder besser gesagt mit ihren verzauberten Silberschuhen rede? Sie meinte damit, Dorothy solle auf ihre „innere Stimme“ hören.

The Wiz ist wirklich ein ausgezeichnetes Musical für Jung und Alt – ein Musical das nicht nur mit vielen bunten Farben und einer brillanten Bühnenshow bezaubert, sondern auch bei näherem Hinsehen mehrere Botschaften an die Zuschauer richtet. Ich bin mir sicher, dass an diesem Abend jeder für sich seine eigene Botschaft mitgenommen hat.
Lena Lutz


Die Hexen von Eastwick

Ursprünglich ein Roman von John Updike aus dem Jahre 1984, wurde Die Hexen von Eastwick bereits 1987 mit äußerst prominenter Besetzung verfilmt, und ist heute ein Musical, das aber im deutschsprachigen Raum nur selten aufgeführt wird. Umso besser, dass sich das neue Musiktheater an das Stück herangewagt hat!

Der Inhalt des Musicals weicht von der Originalhandlung ab, ich werde kurz die des Musicals schildern: Drei geschiedene Freundinnen – Alexandra Spofford, Jane Smart und Sukie Rougemont – langweilen sich in der neuenglischen Kleinstadt Eastwick, trinken einige Martinis, wenn sie zusammen kommen, und machen sich über die fromme Felicia Gabriel vom Denkmalschutzverein lustig. Eines Abends wünschen sie sich den perfekten Mann herbei, der am nächsten Tag auch prompt erscheint. Darryl Van Horne ist ein rebellischer und exzentrischer Kunstsammler, der sich mit Felicia anlegt und jede der drei Freundinnen verführt. Sie leben in fröhlicher Polygamie und werden von Darryl in schwarzer Magie unterrichtet, denn: Er ist der leibhaftige Teufel! Das Ganze eskaliert schließlich und endet mit einigen Todesfällen und der endgültigen Vertreibung des Teufels.

Diese Zusammenfassung klingt ziemlich trist und tragisch, die Inszenierung von Matthias Davids ist aber das genaue Gegenteil! Die Charaktere fegen in bunten 50er Jahre Kostümen über die Bühne und reißen am laufenden Band dreckige Witze, der Teufel ist gekleidet wie ein Rockstar und spielt passenderweise E-Gitarre, und Karen Robertson beweist als Felicia am Schluss in einem rosa Pyjama und mit wirren Haaren wunderbaren Mut zur Hässlichkeit. Auch an den Singstimmen ist nichts auszusetzen, allen voran die vier Hauptprotagonisten (Reinwald Kranner, Kristin Hölck, Daniela Dett und Lisa Antoni) singen mit enormer Kraft, und die Choreografien sind perfekt einstudiert.

Das einzige Manko war die Lautstärke der Musik, die manchmal die Worte so übertönte, dass einzelne Passagen nicht verständlich waren.

Besonders hervorgehoben werden muss noch Reinwald Kranners Einsatz, der trotz schmerzhafter Knieverletzung eine großartige Leistung erbrachte und sich keine Schmerzen anmerken ließ.

Ein pompöses, lautes, knallbuntes Lustspiel für Aug und Ohr, das einen zum Schmunzeln bringt und trotz einem kurzen ernsten Teil „teuflisch“ amüsant bleibt!
Carolin Obermüller