Zeitreisen in den Kammerspielen - Kreise/Visionen

Dienstag, 12. April 2011

Gerhard Willerts Deutschsprachige Erstaufführung von Joël Pommerats Kreise/Visionen am Samstag, 9. April wurde vom Publikum mit heftigem Applaus gewürdigt. Die als „Spurensuche“ untertitelte Revue rast durch die Jahrhunderte und zeigt die aberwitzigsten Momentaufnahmen. Der zweifelnde Ritter; die Aristokraten und ihre Dienstboten; vier Leute, die sich im Wald verirren; ein junger Geschäftsmann, der sich von einer Prophezeiung durcheinander bringen lässt; ein Vertreter, der sich verliebt; ein erfolgreicher Unternehmer als Coach von Arbeitslosen.

Auch die Presse zeigte sich beeindruckt:

Margarete Affenzeller vom Standard hebt die Schauspieler hervor: „Das Linzer Ensemble geht dabei faszinierend kühl vor.“ „Regisseur Gerhard Willert generiert in dieser postdramatischen Gemengelage theatralische Effekte aus der Idee der Zeitmaschine: Durch eine große kreisrunde Linse blickt das Publikum auf die wechselvollen Geschehnisse;“

Margret Czerni für das Neue Volksblatt lobt Willerts „kongeniale Übersetzung“ und befindet: „mit Esprit inszeniert“. Das Auge „isst“ bei Frau Czerni definitiv mit: „Einmal mehr überrascht Alexandra Pitz mit einer traumhaften Bühne“. Und ihre innere Uhr schien auch ganz daccord: „In gut bemessenem Timing – die Aufführung, die an Dichte nichts zu wünschen übrig lässt, ... – eilen die Protagonisten ... durch ihre Jahrhunderte über die Bühne. Bleibt nur zu sagen: „Das Publikum zeigte sich Samstagabend ... – heftig applaudierend – sehr beeindruckt von der Aufführung. Auch vom Leading Team!“

Claudia Tröster von der OÖ Krone genoss mit allen Sinnen: als „Fest für die Augen“ beschrieb sie das Bühnebild; Musik (Wolfgang ‚Fadi’ Dorninger“ und Lichteffekte (Helmut Janacs) führte sie als „ das Ambiente unterstützend“ an. Außerdem ist Frau Tröster der Meinung, dass es eine „Gelegenheit für Eva-Maria aichner, Bettina Buchholz, Katharina Vötter, Jenny Weichert, Björn Büchner, Thomas Kasten, Klasu Köhler, Peter Pertusini, Joachim Rathke und Lutz Zeidler“ sei, „all ihre schauspielerischen Facetten zu zeigen“. – Absolut!

„Rundum geglückt“, „lorbeert“ Silvia Nagl bereits im Vorspann der OÖN-Kritik. In Pommerats Vorlage sei „Philosophie intelligent geppart mit Humor, Historie mit Geschichten, Zeitenwechsel und Zeitenwenden“. Willerts Umsetzung findet sie „in jeder Hinsicht überzeugend“. Die Charaktere „genau entwickelt und geführt“, die Inszenierung „ruhig und zugleich flott“. Das Räderwerk funktioniert: „Und es macht auch Freude, dieses perfekt ineinandergreifende Spiel von Regie, Schauspiel, Bühnenbild, Musik, Lichtdesign und auch Maske und Kostüm hinter der Bühne zu beobachten“. Schlussplädoyer: „Ein Stück zum Mitdenken, Nachdenken, Weiterdenken. Spannend bis zur letzten Minute und darüber hinaus.“ – Six thumbs up.

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u\hof:-Premiere im Eisenhand - Werther

Des einen Leid, des anderen Freud: WERTHER litt und das Publikum liebte es.

Am Freitag, 8. April 2011 präsentierte sich der u\hof: mit Werther im Eisenhand. Regisseur Karsten Dahlem, er gewann im Vorjahr den Theaterpreis Stella für seine Inszenierung von Moby Dick, hat ein Faible für die großen Stoffe der Weltliteratur. Mit Goethes Werther erfüllte er sich einen langgehegten Wunsch. Für die Eisenhand Bühne und das Publikum ab 14 erarbeitete er eine 60 minütige moderne Fassung für zwei Schauspieler. Ein Konzept, das voll und ganz aufging. Darüber war sich auch die Presse einig:

„Genauso stellte man sich dieses tragische Paar in der Schulzeit vor“, formuliert Jasmin Gaderer von der OÖ Krone ihr Fazit.
Philipp Wagenhofer vom Neuen Volksblatt attestiert dem Regisseur „eine wunderbare Mischung“ gefunden zu haben, „die Achterbahn der Gefühle nicht dem Klamauk zu opfern“. Spritzig und trotzdem werktreu: „Er hat sie einfühlsam umgesetzt, verzichtet auch nicht auf heftige Worte und humorvolle Momente, aber eben in jener Dosis, die keine Verrat übt am Thema „Himmelhoch jauchzend, zum Tode betrübt“. Katharina „Lotte“ Halus und Bastian „Werther“ Dulisch nennt Wagenhofer „beeindruckendes Duo“. Dulisch: „Melancholie und Überschwang, er hat diese Dingedrauf“. Halus: „Und seine Angebetete, ... , ganz überzeugend in ihrem Dilemma gezeigt ...“

Silvia Nagl von den OÖN schien sich sogar darüber gefreut zu haben, dass es sich hier um den Werther „nach“ Goethe und nicht „von“ handelt: „... bleibt klar, worum es geht – und das eindringlicher als auf hunderten Buchseiten.“ Und ihrer Meinung nach hat dieses Stück sogar das Potenzial, Leute zur Literatur zu führen: „Diese kurzweilige, mit viel Musik aufgepeppte 60-Minuten-Inszenierung hat Witz und könnte durchaus beitragen, auf mehr Goethe neugierig zu machen.“ – Ganz Ihrer Meinung, Frau Nagl.

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