Umjubelte Linzer „Zauberflöte“
Dienstag, 4. August 2015
Mehr als 9000 begeisterte Zuschauer feierten am Bunka Kaikan-Theater in Tokio die vier Aufführungen der Ko-Produktion des Landestheaters Linz mit der Tokyo Nikikai Opera Foundation (16., 18., 20. und 21.7.)
Nachdem die Neuproduktion der „Zauberflöte“ (Premiere: 9/2013) in Linz über zwei Spielzeiten hinweg für ein ausverkauftes neues Musiktheater gesorgt hatte, eroberte die ebenso phantasievolle wie zeitgemäß-futuristische Interpretation des japanischen Star-Regisseurs Amon Miyamoto nun auch dessen Heimat: Tokio.
Das ganze Produktions-Team reiste für die Adaption im Fernen Osten nochmals an: GMD Dennis Russell Davies übernahm die musikalische Leitung aller vier Aufführungen, Kapellmeister Takeshi Moriuchi unterstützte ihn in der musikalischen Vorbereitung und fungierte am Abend selbst u. a. als einer beiden Dirigenten des geteilten Fernchores, Philipp Olbeter als Technischer Direktor gewährleistete den perfekten Aufbau des Bühnenbildes, und Wolfgang Haendeler als Musiktheaterdramaturg machte bei der A- und B-Premiere durch eine Einführung das japanische Publikum mit Linz als innovativer Kulturstadt sowie mit Mozarts Werk und der Sichtweise Amon Miyamotos vertraut, wobei er von Prof. Michio Tatara, einem ehemaligen Solisten (Bariton) am Gelsenkirchener Musiktheater am Revier, als fachkundigem japanischen Übersetzer begleitet wurde.
Das bei der A-Premiere (16.7.) vor den Vorhang tretende und stürmisch umjubelte Regieteam – Amon Miyamoto (Regie), Boris Kudlicka (Bühne), Masatomo Ota (Kostüme), Marc Heinz (Licht) und Bartek Macias (Video) sowie Eriko Shinkai (neu: Choreographie) – hatte die Inszenierung in einigen Details noch weiterentwickelt. So wurden in der Ouvertüre bei der Einführung des „Zauberflöten“-Computerspiels jetzt die fünf wichtigsten „Spielfiguren“ (Sarastro, die Königin der Nacht, Tamino, Pamina und Papageno) schon als Animation vorgestellt. Neu auch ein heftiger Trauer- und Wutausbruch Taminos, nachdem er mit seinem Schweigen Pamina in die Verzweiflung getrieben hatte, der szenisch eindrucksvoll das Zwiespältige an der Menschenfreude von Sarastros „Eigeweihten“ und deren Regeln zum Ausdruck brachte.
Aus dem vorzüglich besetzten japanischen Ensemble, das sich auch der deutschen Dialoge mit bewundernswert verständlicher Diktion annahm, strahlten bei der A-Premiere zwei Protagnisten besonders hervor: Jun Suzuki als Tamino und Mari Moriya als Königin der Nacht.
Der junge japanische lyrische Tenor überzeugte vollauf durch eine ebenso höhensichere wie kultiviert zwischen Empfindsamkeit und entschlossenem Heldentum changierende musikalische Gestaltung samt edlem Timbre und vorbildlicher Phrasierung. Mari Moriya, die Königin (der Nacht) von Linz wie auch zuvor schon an der New Yorker MET, konnte bei ihrem Tokio-Debüt eine schlichtweg sensationelle Leistung abrufen, ließ ihre Koloraturen wie spitze Sternschnuppen vom finster-blauen Bühnenhimmel herunterfallen und bewies in den dramatischen Ausbrüchen, obgleich stets klangschön, imponierend bedrohliche Kraft. – Bei der B-Premiere avancierte Jun Hagiwara als Papageno zum Publikumsliebling, der die Liebessehnsucht des sinnesfrohen Naturburschen so leidenschaftlich wie herzerweichend über die Rampe brachte.
Im Graben zauberte Dennis Russell Davies mit dem Yomiuri Nippon Symphony Orchestra in den vier Vorstellungen einen Orchesterklang hervor, der von filigraner Transparenz bis hin zu mächtiger Feierlichkeit alle Facetten der Mozart-Partitur souverän ausleuchtete; auch die von Yoshiaki Oshima einstudierte Nikikai Chorus Group blühte unter den Händen des Maestros hörbar auf – mit exzellent abgestufter Dynamik und einem beeindruckend ausgewogenem Gesamtklang.
Als bei der letzten Vorstellung am 20. Juli der Applaus schier nicht enden wollte, ward zweierlei bewiesen: dass Mozarts große Oper über das Mensch-Sein und die Menschlichkeit mit ihrer ausdrücklichen Rechtfertigung verschiedener Menschenbilder und Lebensweisen ein Schlüsselwerk für unsere globalisierte Welt ist (auch dank einer so zeitgemäßen Interpretation wie der von Amon Miyamoto) und dass Linz und Tokio zwei starke „Player“ sind im internationalen Kulturaustausch. Linz verändert – nun auch Tokio!
Fotos: Chikashi Saegusa / TOKYO NIKIKAI OPERA FOUNDATION
Nachdem die Neuproduktion der „Zauberflöte“ (Premiere: 9/2013) in Linz über zwei Spielzeiten hinweg für ein ausverkauftes neues Musiktheater gesorgt hatte, eroberte die ebenso phantasievolle wie zeitgemäß-futuristische Interpretation des japanischen Star-Regisseurs Amon Miyamoto nun auch dessen Heimat: Tokio.
Das ganze Produktions-Team reiste für die Adaption im Fernen Osten nochmals an: GMD Dennis Russell Davies übernahm die musikalische Leitung aller vier Aufführungen, Kapellmeister Takeshi Moriuchi unterstützte ihn in der musikalischen Vorbereitung und fungierte am Abend selbst u. a. als einer beiden Dirigenten des geteilten Fernchores, Philipp Olbeter als Technischer Direktor gewährleistete den perfekten Aufbau des Bühnenbildes, und Wolfgang Haendeler als Musiktheaterdramaturg machte bei der A- und B-Premiere durch eine Einführung das japanische Publikum mit Linz als innovativer Kulturstadt sowie mit Mozarts Werk und der Sichtweise Amon Miyamotos vertraut, wobei er von Prof. Michio Tatara, einem ehemaligen Solisten (Bariton) am Gelsenkirchener Musiktheater am Revier, als fachkundigem japanischen Übersetzer begleitet wurde.
Das bei der A-Premiere (16.7.) vor den Vorhang tretende und stürmisch umjubelte Regieteam – Amon Miyamoto (Regie), Boris Kudlicka (Bühne), Masatomo Ota (Kostüme), Marc Heinz (Licht) und Bartek Macias (Video) sowie Eriko Shinkai (neu: Choreographie) – hatte die Inszenierung in einigen Details noch weiterentwickelt. So wurden in der Ouvertüre bei der Einführung des „Zauberflöten“-Computerspiels jetzt die fünf wichtigsten „Spielfiguren“ (Sarastro, die Königin der Nacht, Tamino, Pamina und Papageno) schon als Animation vorgestellt. Neu auch ein heftiger Trauer- und Wutausbruch Taminos, nachdem er mit seinem Schweigen Pamina in die Verzweiflung getrieben hatte, der szenisch eindrucksvoll das Zwiespältige an der Menschenfreude von Sarastros „Eigeweihten“ und deren Regeln zum Ausdruck brachte.
Aus dem vorzüglich besetzten japanischen Ensemble, das sich auch der deutschen Dialoge mit bewundernswert verständlicher Diktion annahm, strahlten bei der A-Premiere zwei Protagnisten besonders hervor: Jun Suzuki als Tamino und Mari Moriya als Königin der Nacht.
Der junge japanische lyrische Tenor überzeugte vollauf durch eine ebenso höhensichere wie kultiviert zwischen Empfindsamkeit und entschlossenem Heldentum changierende musikalische Gestaltung samt edlem Timbre und vorbildlicher Phrasierung. Mari Moriya, die Königin (der Nacht) von Linz wie auch zuvor schon an der New Yorker MET, konnte bei ihrem Tokio-Debüt eine schlichtweg sensationelle Leistung abrufen, ließ ihre Koloraturen wie spitze Sternschnuppen vom finster-blauen Bühnenhimmel herunterfallen und bewies in den dramatischen Ausbrüchen, obgleich stets klangschön, imponierend bedrohliche Kraft. – Bei der B-Premiere avancierte Jun Hagiwara als Papageno zum Publikumsliebling, der die Liebessehnsucht des sinnesfrohen Naturburschen so leidenschaftlich wie herzerweichend über die Rampe brachte.
Im Graben zauberte Dennis Russell Davies mit dem Yomiuri Nippon Symphony Orchestra in den vier Vorstellungen einen Orchesterklang hervor, der von filigraner Transparenz bis hin zu mächtiger Feierlichkeit alle Facetten der Mozart-Partitur souverän ausleuchtete; auch die von Yoshiaki Oshima einstudierte Nikikai Chorus Group blühte unter den Händen des Maestros hörbar auf – mit exzellent abgestufter Dynamik und einem beeindruckend ausgewogenem Gesamtklang.
Als bei der letzten Vorstellung am 20. Juli der Applaus schier nicht enden wollte, ward zweierlei bewiesen: dass Mozarts große Oper über das Mensch-Sein und die Menschlichkeit mit ihrer ausdrücklichen Rechtfertigung verschiedener Menschenbilder und Lebensweisen ein Schlüsselwerk für unsere globalisierte Welt ist (auch dank einer so zeitgemäßen Interpretation wie der von Amon Miyamoto) und dass Linz und Tokio zwei starke „Player“ sind im internationalen Kulturaustausch. Linz verändert – nun auch Tokio!
Fotos: Chikashi Saegusa / TOKYO NIKIKAI OPERA FOUNDATION