HEIMATABEND - REIHE IN SIEBEN TEILEN

Mittwoch, 16. November 2016

Gespräche und Musik aus und über Oberösterreich

AUS DEM BEWEGTEN LEBEN DES WORTES HEIMAT   
 

Kaum ein Wort ist so befrachtet, ideologisiert, verkitscht, missbraucht, aber auch abgelehnt, verhöhnt, verpönt worden wie dieses: Heimat. Für Viele auch in Österreich noch vor wenigen Jahren unaussprechlich, in der Nachbarschaft zu anderen kontaminierten Begriffen, schien dieses Wort vor allem rückwärtsgewandte Sehnsüchte, Provinz und Rückzug vor der Welt oder Schlimmeres zu meinen. Die populäre Subkultur, die sich – ob berechtigt oder nicht – mit dem Beiwort Heimat schmückte, wurde von ernsthaften Kulturbeobachtern, wenn überhaupt, nur mit spitzen Fingern angefasst. Aus der „Heimat“ schien es modrig zu riechen – sicher auch, weil sie ein Lieblingswort des sogenannten Dritten Reiches war. Wer zeigen wollte, dass er die Lektion gelernt hatte, der mied seine Verwendung. Doch das hat sich geändert.

HEIMAT ERLEBT EINE NEUE KONJUNKTUR


Ganze Fernsehsender mühen sich, sie von ihren schönsten Seiten darzustellen. Sogar okölogisch denkenden, lokal agierenden Bauern, Aussteigern und Intellektuellen rutscht das Wort heraus. In Deutschland gibt es Philosophen, die eine „Rehabilitierung“ der Heimat für notwendig halten. Dass auch die beiden Kandidaten um das Amt des Bundespräsidenten versuchen, sie als positiven Grundwert für sich zu reklamieren, mag da kaum noch überraschen. Die Kampagne des den Grünen nahestehenden Kandidaten wurde immerhin als eine Neuigkeit vermerkt. Was war geschehen? Wurde hier in aller Stille ein Schlussstrich unter eine von Vielen als aufgezwungen empfundene Debatte gezogen? Wird unter dem Druck des Populismus’ ein Themenfeld wiederbesetzt, das man zu lange sich selber überlassen hatte?

Natürlich kann man heute nicht mehr über Heimat reden, ohne zu bemerken, welche Rolle die Flüchtlingskrise der vergangenen beiden Jahre bei der Wiederkehr des Begriffes spielt. Schon zuvor hatte die Globalisierung mit ihren unüberschaubaren Effekten eine Rückbesinnung auf gewachsene Strukturen und das regional Verwurzelte gefördert: Import-Export-Kriege, wild gewordene Arbeitsmärkte und Finanzströme zerrissen die Familien, Vereine, Kirchen, kleinere Betriebe ebenso wie nationale Industrien. Kein Kraut, und schon gar kein Grenzzaun, schien gewachsen, den gewaltigen gesellschaftlichen Umwälzungen Einhalt zu gebieten. Allein die Heimat stellte all das dar, was vielleicht schon verloren war: Sicherheit, Verbindlichkeit, Wertbeständigkeit. Heimat wurde plötzlich zur positiven Utopie. Doch wo war der Gegner? Der war vielgestaltig, gleichzeitig auch zu verführerisch. Wer hatte nicht auch schon einmal herausgewollt: in andere Länder, in die große Stadt, hatte sich einen urbanen Lebensstil gewünscht, ausgefallene Konsumgüter und Freundschaften in aller Welt. Das Unbehagen in der modernen Kultur hatte kein richtiges Gesicht. Es wäre allenfalls das eigene gewesen. Bis plötzlich, im Sommer, ein Strom von Heimatlosen durch Europa zog. Und – nach der ersten Welle reger Anteilnahme und Hilfsbereitschaft – die Angst, der Strom könnte nicht mehr abreißen.



HEIMAT HEISST DAS HEILMITTEL

Diese Angst, von manchem absichtlich geschürt, ist heute eine politische Realität erster Ordnung. Niemand kommt an ihr vorbei. Und Heimat heißt das Heilmittel, wer dieses Heilmittel zu bieten hat, findet Gehör. Die Töne werden schriller. In Linz soll ein Kongress der „Verteidiger Europas“ stattfinden. Die Befrachtung, Ideologisierung, auch Verkitschung des Begriffes Heimat ist also schon wieder in vollem Gange. Die Flüchtlinge in unseren Städten, die ihre Heimat – vielleicht endgültig – verloren haben, suchen derweil eine Neue.

In der Studiobühne an der Promenade wird darum – an sieben Abenden in monatlichem Abstand – auf lustvolle Art untersucht, ob es das eigentlich gibt: Heimat. Und zwar am Beispiel Oberösterreichs. Wir führen Gespräche mit Heimatforschern, Zeitzeugen, Künstlern, Philosophen. Es wird, als festen Bestandteil, Musik aus Oberösterreich geben. Wir befassen uns mit den verschiedensten Aspekten oberösterreichischer Kultur und Überlieferung. Und mit Menschen, die hier eine neue Heimat fanden.

HEIMATABEND 1
MUSIK DER HEIMAT
25. November 2016, 20.00 Uhr | Studiobühne Promenade


Landler und Gstanzl werden seit undenkbarer Zeit in Oberösterreich und den benachbarten Regionen gespielt und gesungen. Die Überlieferung verliert sich in den Tiefen der Geschichte und erzählt vom Leben unserer Ahnen. Die Volksmusikforscher Klaus Petermayr und Volker Derschmidt widmen ihr Leben der Erforschung und Rekonstruktion dieser wirklichen Musik der Heimat. Ihre amüsanten und spannenden Berichte werden durch Musik der LandlerPartie Derschmidt ergänzt.
Musik: LandlerPartie Derschmidt


KARTEN

HEIMATABEND 2
NEUE HEIMAT OBERÖSTERREICH
30. Dezember 2016, 20.00 Uhr | Studiobühne Promenade


Neue Heimat – nicht nur ein Linzer Bezirk, sondern auch Sehnsuchtsort all jener, die dauerhaft in der Fremde bleiben. In Oberösterreich haben 14,9 % der Bevölkerung einen sogenannten Migrationshintergrund. Jeder vierte Linzer ist aus dem Ausland zugewandert oder lebt in zweiter oder dritter Generation hier. Ein Gespräch mit Menschen, für die Oberösterreich zum Lebensmittelpunkt geworden ist. Musikalisch untermalt von Studierenden der Akkordeonklasse der Anton Bruckner Privatuniversität unter Leitung von Professor Alfred Melichar.
Musik: Akkordeonisten der Anton Bruckner Privatuniversität


KARTEN

HEIMATABEND 3
IN DER ARBEIT ZU HAUSE?
28. Jänner 2017, 20.00 Uhr | Studiobühne Promenade


Heimat durch Arbeit – über den Gewinn und den Verlust von Identität. Von der Jahrhundertwende bis nach dem ersten Weltkrieg prägte ein starker sozialer und kultureller Wandel die Stadt Linz. Erste Initiativen von Arbeiterkultur kamen zur bürgerlichen Kultur der Stadt hinzu. Ein Streifzug durch die Welt der Arbeiterkultur und Arbeitervereine, mit einigen Vereinsmeiern und Zeitzeugen, begleitet
vom Sozialhistoriker Prof. Dr. Michael John.
Musik: wird noch bekanntgegeben.

KARTEN

HEIMATABEND 4
EIN JAHRHUNDERT IN BLASMUSIK
24. Februar 2017, 20.00 Uhr | Studiobühne Promenade


Zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts entsteht in Österreich-Ungarn eine Welle der Blasmusik-Begeisterung, die nicht abebbt, ehe auch das Kaiserreich zu Ende ist. Kapellen und Orchester begleiten mit ihrer Musik die aufregende Zeit der Operetten und Revolten, der Kriege und des Untergangs. Der Archivar der Wiener Philharmoniker, Andreas Lindner, lässt das Bild dieser Epoche mit der Bläserformation Die Strebitzer und ihren historischen Instrumenten auferstehen.
Musik: Die Strebitzer
KARTEN




HEIMATABEND 5
WAS HEISST ÜBERHAUPT HEIMAT?
25. März 2017, 20.00 Uhr | Studiobühne Promenade


Ist es das Geburtsland? Die Umgebung, in der man aufwächst? Die Stadt, in der man sich niederlässt? Eine Landschaft? Oder kein Ort, sondern die Familie? Ein geliebter Mensch? Ein Verein? Oder gar die Religion? Der Beruf? Die Muttersprache? Ein Duft? Ein Geschmack? Schlichtweg ein Gefühl? Vielleicht ist Heimat all das – und nichts von all dem. Ein Gespräch über einen besonderen Begriff – und was er im Positiven leisten kann. Die Mollner Maultrommler sorgen für das musikalische Programm.
Musik: Mollner Maultrommler
KARTEN




HEIMATABEND 6
HEIMAT DURCH THEATER

29. April 2017, 20.00 Uhr | Studiobühne Promenade

Mehr als 800 Menschen aus über 40 Nationen arbeiten am Landestheater Linz. Darunter sind auch Musiker, die auf den Bühnen im Landestheater stehen. Ist das Landestheater für sie, die nicht aus Österreich stammen, kulturelle Heimat? Prägen sie mit ihrer Sozialisation und ihrer Herkunft das kulturelle Klima am Landestheater? Ein musikalischer Spaziergang.
Musik: Nebojša Krulanović und Gäste



KARTEN

HEIMATABEND 7
DAS IST NICHT MEHR MEINE HEIMAT

20. Mai 2017, 20.00 Uhr | Studiobühne Promenade

Heimat ist ein Schlüsselwort geworden, spätestens seit immer mehr Vertriebene auf der Suche nach einer neuen Heimat auch in Westeuropa unterwegs sind. Aber auch fest in ihren Heimatländern Verwurzelte beklagen immer häufiger, ihre Heimat zu verlieren oder schon verloren zu haben. Manche wenden sich populistischen Bewegungen zu. Wie konnte es dazu kommen? Journalisten unterhalten sich mit unzufriedenen Bürgern über Heimat, Werte und Kultur.
Musik: Die Krammerer Sänger
KARTEN